Aufstellung der stadtbremischen SPD-Liste
TAZ Bremen – 27.11.2006
Bei der Aufstellung der stadtbremischen SPD-Liste für die Bürgerschaft nickt die Basis den Vorschlag der Mandatskommission ab. Bildungspolitikerin Hövelmann erteilt sie eine klare Absage.
Die schärfste Kritik kam von jenen, die lange aus dem Geschäft raus sind. Klaus Wedemeyer etwa, ehemals Bürgermeister, oder Manfred Fluss, vordem Senator und noch 2003 Vorsitzender jener 13-köpfigen Mandatskommission, die bei den Sozialdemokraten über die Aufstellung der Liste für die Bürgerschaft befindet. Am Samstag hatte der Parteitag des SPD-Unterbezirks Stadt das letzte Wort. Er musste entscheiden, wer für die SPD nach der Wahl am 13. Mai 2007 im Parlament sitzen dürfen soll – und er nickte den Vorschlag der Kommission mehrheitlich ab. Eine Kampfkandidatur der bildungspolitischen Sprecherin Ulrike Hövelmann scheiterte unerwartet deutlich.
Hövelmann gehört ebenso wie Innenpolitiker Hermann Kleen und Finanzpolitikerin Cornelia Wiedemeyer zu den so genannten „Zwölfendern“ in der SPD-Fraktion. Die haben bereits drei Legislaturperioden in der Bürgerschaft hinter sich. Und sollen deshalb – so will es die Parteisatzung – nicht noch ein viertes Mal aufgestellt werden.
„Unsäglich“ findet Wedemeyer diese Regelung, scharfe Kritik kam von Manfred Fluss. Die SPD, rief der den knapp 200 Delegierten zu, könne sich solch „verheerendes Proporzdenken“ angesichts einer knappen Personaldecke „nicht leisten“. Zumal drei der „Zwölfender“ durchaus weitermachen dürfen: Bürgerschaftspräsident Christian Weber, Unterbezirksvorsitzende Carmen Emigholz und Fraktionschef Carsten Sieling. Denn SPD-Funktionsträger haben laut SPD-Satzung eine Ausnahme verdient.
Doch die Ehemaligen konnten sich mit ihrer Kritik nicht durchsetzen. Und von den „Zwölfendern“, denen die Kommission einen Listenplatz versagt hatte, wagte allein Ulrike Hövelmann eine Kampfkandidatur – um Platz 28 der SPD-Landesliste. Sie scheiterte kläglich mit gerade einmal 50 Stimmen. Der von der Mandatskommission gesetzte Rainer Hamann, Softwareentwickler und bislang im Beirat Schwachhausen engagiert, erhielt mit 122 mehr als doppelt so viel. „Es bringt uns nicht weiter, die Befindlichkeiten der Zwölfender zu diskutieren“, sagte er, „das ist ein Luxusproblem.“
Zwar wurde die Kompetenz von Hövelmann, Kleen und Wiedemeyer allseits gelobt, doch die Mehrheit an der Basis hält die drei PolitikerInnen offenbar keineswegs für unersetzlich. „Wenn wir sie jetzt wieder aufstellen“, sagte eine Delegierte, „dann ist das ein Misstrauensantrag an die nachrückenden Kräfte“. Hinzu kommt, dass alle drei aus dem öffentlichen Dienst kommen – und sich die Partei selbst aufgegeben hatte, weniger Staatsbedienstete ins Parlament zu entsenden. Zehn von 50 stadtbremischen KandidatInnen arbeiten derzeit im Öffentlichen Dienst, bei der letzten Wahl waren es zwölf.
Auch jünger sollte die Liste werden: Der Altersdurchschnitt liegt nun bei 45 Jahren, unter den ersten 20 KandidatInnen sind jedoch nur drei jünger als 35. „Das Kandidatenangebot muss größer werden“, mahnte Peter Sakuth, Vorsitzender der Mandatskommission an. Schließlich wird die Zahl der „Zwölfender“ in vier Jahren noch deutlich höher sein.
Angeführt wird die SPD-Liste nach dem Beschluss des Parteitags von Bürgermeister Jens Böhrnsen, es folgen die SenatorInnen Ingelore Rosenkötter und Willi Lemke, dann Emigholz, Sieling, die bremische DGB-Vorsitzende Helga Ziegert und Weber. Insbesondere Ziegert kam bei der Abstimmung über ihre Person allerdings schlecht weg.
taz Nord vom 27.11.2006, S. 24, 115 Z. (TAZ-Bericht), Jan Zier